Die neue Coolness in Unternehmen – wie man (scheinbar) die Beziehungsebene eliminieren kann

22.05.2019
Die neue Coolness in Unternehmen – wie man (scheinbar) die Beziehungsebene eliminieren kann

„Wie in einem Theaterstück“ titelt DIE ZEIT No 12 (16. Mai 2019) zum Gespräch mit Brian Robertson, Erfinder des „Holokratie-Ansatzes“. Seiner Meinung nach müssen nur die formalen Rollen zu Beginn einer Interaktion definiert werden, dann findet Kommunikation produktiv und störungsfrei statt. Der Autor des Buches „Holacracy: Ein revolutionäres Management-System für eine volatile Welt“ schildert ein Beispiel:

„Vor einer Weile hatte ich während eines Meetings eine Auseinandersetzung mit einer Kollegin. Wir haben beide hart argumentiert. Aber es war klar, dass es dabei nicht um sie und mich geht, sondern um die Arbeit. Als das Gespräch vorbei war, habe ich gesagt: Hey, es ist cool, so mit dir diskutieren zu können. Sie hat zugestimmt und alles war gut. Je transparenter unsere Rollen sind, desto besser können wir sie verlassen.“

Da staunt der Meister und der Laie wundert sich (nicht)! Schnell mal die formale Rolle definiert und es gibt keine persönlichen Konflikte mehr – alles bleibt auf der Sachebene. Keiner fühlt sich angegriffen oder gar verletzt. Man mag es einfach nicht glauben, aber es scheint ja zig-Tausende von Lesern und viele Nachahmer dieses (zumindest in der Selbstdarstellung) „revolutionären“ Konzepts zu geben: Man schafft die Hierarchie ab, definiert formale Rollen, bildet Kreise und überlässt den Mitarbeitern das Übrige. Und schon hat man die schöne neue Arbeitswelt geschaffen …

Dass es daneben auch individuelle Absichten und Ziele, Vorsätze und deren Verfolgung, persönliche Betroffenheit und Enttäuschungen, negative Erfahrungen und Misserfolge gibt, spielt wohl keine Rolle. Alles Informelle bzw. Nicht-Sichtbare wird schlicht ignoriert. Oder weg-definiert. Auf jeden Fall missachtet. Es ist die Umkehrung der Tragik-Komödie „Das Leben ist schön“ (Roberto Benigni, 1997). Der Film zeigt, wie man die Realität umdeutet, um sie erträglich zu machen. Vielleicht hilft er beim Überleben in einer „volatilen Welt“.

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