Die Frankfurter Managementberatung Böning-Consult bietet in der Corona-Krise eine kostenlose Hotline an. Nicht alle Anrufer wenden sich mit Unternehmensfragen an die Berater.
Anbetracht der Umsatzausfälle, die Unternehmen aktuell verkraften müssen, kann man sich vorstellen, dass Manager der Mut verlässt, ihnen beim Gedanken an die Zukunft angst und bange wird. Doch so erleben Brigitte Fritschle und Uwe Böning die Unternehmenslenker nicht. „Manager reagieren seltener mit Angst, sie sind Gestalter, denken lösungsorientiert“, sagt der Psychologe, der gemeinsam mit Fritschle die Frankfurter Managementberatung Böning-Consult führt. Wer in einer Topposition arbeitet, sei es gewohnt, Krisen und Widersprüche auszuhalten, berichtet der Coach aus Gesprächen mit Klienten. Menschen, denen die Angst um die Gesundheit oder die Isolation zu Hause richtig Angst macht, erleben Böning und Fritschle eher an der kostenlosen Corona-Hotline, die sie gemeinsam mit einem guten Dutzend Kollegen ins Leben gerufen haben. Zwei Stunden täglich bieten sie kostenlos ihr Zuhören und ihren Rat an. „Vielen steht das Wasser jetzt bis zum Hals, sei es, weil sie finanziell nicht weiterwissen, Sorge um ihre Angehörigen haben oder auch, weil sie die Langeweile nicht aushalten“, sagt Fritschle. Üblicherweise suchen Manager ihren Rat in Umstrukturierungsprozessen oder weil sie in stillen Stunden von Versagensängsten geplagt werden. Auch Angestellte, die auf der Karriereleiter aufsteigen wollen, buchen Böning-Consult. Das klingt anders als eine Corona-Telefonsprechstunde, sei aber nicht völlig anders, sagt Fritschle: „Wir können zuhören, auf die Menschen eingehen. Da gibt es keinen Unterschied, ob es Menschen in Not oder Manager im Stress sind.“
Die Anrufer können sie und Böning nach gut zwei Wochen Erfahrungen grob in drei Gruppen einteilen: Leichtere Fälle seien beispielsweise Studenten, denen das Lernen allein schwerfällt und die keine Struktur für ihre einsamen Tage finden. „Sie sind betroffen, aber sie haben keine Angst“, sagt Böning. Von Urlaub auf Balkonien sei der aktuelle Hausarrest tatsächlich weit entfernt. „Das ist keine Ruhe der Erholung, sondern des Abwartens, das kann stressen.“
In die mittlere Gruppe sortiert der Psychologe Menschen, die über ihre Sorgen reden wollen, aber sonst keine Zuhörer finden. „Darunter sind Unternehmer mit Existenzangst oder ältere Menschen, die sich nicht mehr auf die Straße trauen.“ Ihnen helfe es oft schon, wenn er erkläre, was in ihnen vorgeht, was Angst mit Menschen macht. „Ob Menschen mit Besonnenheit oder Hysterie reagieren, hat viel damit zu tun, wie sich ihr Umfeld verhält“, sagt Böning.
Wirklich Sorgen machen ihm diejenigen, die ihre Angstgefühle allein kaum noch in den Griff bekommen. Sie gehörten nach den ersten Erfahrungen an der Hotline mehrheitlich in die Gruppen der Fünfzig- und Siebzigjährigen. Da sei beispielsweise ein Mittfünfziger, der sich aufgrund mehrerer Vorerkrankungen zu Hause einigeln muss, dort aber keine Ruhe findet. „Für ihn ist selbst Fernsehen unerträglich, die Bilder aus Intensivstationen und von Särgen, die Zahlen von Toten lösen bei ihm Traumareaktionen aus.“ Der Mann brauchte dringend einen Therapeuten, doch die seien momentan noch schwerer zu finden als in normalen Zeiten. „Da führen wir dann mehrere Gespräche“, sagt Böning. Das gehe auch an ihm, der aufgrund seines Alters selbst in die Risikogruppe gezählt wird, nicht spurlos vorbei, „aber Unterstützung geben zu können hat auch eine positive Komponente“.
Fritschle, Böning und ihre Kollegen sind von Montag bis Freitag zwischen 16 und 18 Uhr gesprächsbereit am Telefon, unter 069 - 66 98 250 sind sie zu erreichen. Quelle des Beitrags: www.faz.net