Wundgescheuert. Im Frühjahr 2021 umschleicht einen das Gefühl, als hätten sich die wichtigsten Politiker des Landes wundgescheuert. Der trotzige Jens reibt sich am mahnenden Karl, der dessen Impfangebotsversprechen mit spitzem Ton „korrigiert“, SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil reibt sich – bereits im Wahlkampfmodus – an der gesamten Union, Tobias Hans reibt sich mit seinem saarländischen Lockerungs-Modellprojekt (wie ohnehin ganz viele Länderbosse) an der Kanzlerin – die verzweifelt versucht, dem Gewimmel eine einheitliche Linie einzuflößen.
Mit jedem Coronagipfel setzt sich dieses Szenario fort, sodass in Kopf und Körper der Entscheider die verbleibenden Kräfte exponentiell zerfließen – Selbstaufgabe auf Raten. Und in der Zwischenzeit trampeln deutsche Touristen über die Schinkenstraße, weil sie es dürfen – sie sind nicht ursächlich, aber sinnbildlich für das aktuelle Corona-Chaos. Und dass es tatsächlich eines ist, denken laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey inzwischen 56,6 Prozent der Bundesbürger. Hinzu kommt: Politiker sind auch immer ein Stück weit narzisstisch veranlagt. Sie sehen die Gunst der Bevölkerung mit jedem Pandemie-Fauxpas unwiederbringlich schwinden. Und wer keine Belohnung – in Form von öffentlicher Anerkennung – mehr erwarten darf, dem fehlt der innere Zug, neue Konzepte oder Visionen zu entwickeln und für diese zu begeistern.
Wie wäre es, endlich eine effiziente Impf- und Teststrategie zu definieren? Wie wäre es, eine Studie in Auftrag zu geben, die darüber aufklärt, welche Lebensbereiche die größten Pandemietreiber sind? Wie wäre es, Unternehmen stärker zu kontrollieren, ob sie Home-Office ermöglichen? Vielleicht helfen den Regierenden einfache Gedankenstützen, um den Fokus zurückzugewinnen – zum Beispiel AHA-Regeln: Auffassungsgabe - Haltung - Aktion! „Sehr geehrte Politiker*innen – bitte richten Sie sich nach folgenden Prämissen – Sie schützen dadurch sich selbst sowie die beruflichen Existenzen und das gesundheitliche Wohlergehen Ihrer Mitmenschen.“ Nehmen Sie präzise auf, was augenblicklich Priorität hat, zeigen Sie Haltung, indem Sie für eine erfolgversprechende Idee über den eigenen Schatten springen und dann agieren Sie – sofort und unbürokratisch. „Danke.“
Das Kind ist in den Brunnen gefallen. Soweit nach unten, dass es nur noch ein verstohlen glimmendes Licht erahnen kann. Um uns herum mauert uns langsam die Dunkelheit der dritten Welle ein – wie rauskommen? Es ist die letzte Chance für die regierenden Politiker, für das Corona-Management eine klare Stoßrichtung zu bestimmen – und zwar: Bund und Länder geschlossen. Verbunden mit einer konsistenten und verstehbaren Krisen-Kommunikation. Die Menschen haben es satt, in den Medien das politische Gerangel verfolgen zu müssen – sie verlangen wirkungsvolle Lösungen. Es ist die letzte Chance, konsequent und entschlossen den Wagen aus dem Sumpf im Nebel des Virus zu fahren. #stayfocused
Bleiben Sie gesund und behalten Sie Ihre positive Einstellung zum Leben. Ich bin sicher, es kommen andere Zeiten.
Mit den besten Grüßen
Brigitte Fritschle