14. „Alles gut!“ - Über den Kreislauf der trügerischen Leichtigkeit

Frau im Blazer hält sich ein Tablet vors Gesicht, auf dem ein lachender Smiley zu sehen ist.

„Alles gut?“, eine häufig gestellte Frage. Eine für die heutige Zeit sinnbildliche Frage. Sie unterstellt eher fordernd, dass „gut“ der Zustand sei, an dem man sich zu messen habe. Medien, Unternehmen, Therapeuten und Co. informieren uns darüber, wie man aus Karriere, Beziehung und Leben das Optimum herausholt. Eine scheinbar hervorragende Ausgangslage. Jeder von uns steuert also – rein theoretisch – kontinuierlich dem besten Dasein entgegen; irgendwann sei für ihn „alles gut“.

Unsere Antwort lautet meist: „Klar, alles gut!“ Wir können uns ja keinen Makel erlauben. In einer Welt, in der ständiger Fortschritt herrscht, könnte bereits der kleinste Makel ein Eingeständnis über das eigene Nicht-Genügen darstellen. In einer hyperempfindlichen Gesellschaft reicht ein Hauch Kritik, um tiefe Verletzungen zu erzeugen. Wird eine Karte aus dem Gebäude der Selbstachtung gezogen, stürzt das gesamte Haus zusammen. Plötzlich ist eben nicht mehr „alles gut“, sondern „alles schlecht“. Schwarz oder weiß, Tag oder Nacht – zwischendrin geht nicht. Daher decken wir die Löcher unserer emotionalen und körperlichen Leistungskraft lieber zu.

„Alles gut?“ lehnt einfach das Nachhaken ab und hüllt den Mantel der Leichtigkeit über ein Befinden, das oft extrem fragil ist. Sicherlich – die Frage verkörpert eine Facette der Alltagsplänkelei, dient als soziales Schmiermittel zwischen Menschen, die sich womöglich kaum kennen. Sie ist sinnverwandt mit anderen eingesetzten Formeln wie „Alles in Ordnung?“ oder „Wie geht's Dir?“ ohne wirkliches Wahrheitsbedürfnis. Und will man’s auch wirklich wissen?

Bei niemandem ist „alles gut“. Wenn wir unsere Mitmenschen – auch im Smalltalk – offener, direkter ansprechen, fühlen sie sich angenommen, vielleicht fällt von ihnen Ballast ab, weil sie einen Teil ihrer Sorgen oder Ängste äußern dürfen. „Alles gut?“ persifliert das Bemühen um glaubhaftes Interesse. Niemand wird den Mut haben, dem Fragesteller, besonders wenn es ihm unserer Wahrnehmung nach äußerst gut geht, ein „Nein“ zu erwidern – und damit den Vorhang der Trivialität überraschend fallen zu lassen. Wir alle sind sensibler denn je, das wissen wir auch. Trotzdem treiben wir im kommunikativen Austausch das Postulat der guten Laune und des gelingenden Lebens so sehr auf die Spitze wie nie zuvor. Was bleibt? Künstliche und beliebige Dialoge. Der Ausweg? Ehrlichkeit, wirkliches Interesse und Glaubwürdigkeit.

Ich wünsche Ihnen einen guten Tag!

Mit den besten Grüßen
Brigitte Fritschle

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